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1.Mai 1945: Der sinnlose Tod am Staffelberg
Unbekannter Soldat von Kameraden getötet – Angela Schlabschi hat die Tragödie erlebt


Hauzenberg. (Otto Donaubauer)
Ein schlichtes Holzkreuz am Gipfel des Staffelberges erinnert an ein grauenvolles Ereignis das sich am Ende des 2. Weltkrieges dort zugetragen hat. Vermutungen, Geschichten vom Hörensagen, Erinnerungen und Nachforschungen haben verschiedene Bilder von dem Geschehen entstehen lassen. Es gibt aber noch eine Person, die noch immer die schrecklichen Vorgänge vor Augen hat: Angela Schlabschi, damals knapp zehn Jahre alt, war dabei als ein junger Mensch grausam sterben musste. Ihre Familie lebte in Guppenberg im so genannten „Hofacker- Haus“. Einen Steinwurf entfernt ist das „Hirschreiter-Haus“ ihrer Großeltern, wo ihre Tante wohnte.
Es ist die Nacht vom 30.April zum 1.Mai des Jahres 1945. Morgens gegen halb fünf brechen zwölf junge Männer beim „Hirschreiter“ ein. Sie sind hungrig, nehmen sich was sie an Lebensmitteln erwischen können. Bei den Einbrechern handelt es sich um eine Gruppe Werwölfe. Sie können es nicht glauben, dass der Krieg verloren ist und wollen in ihrer fanatischen Vorstellung die anrückenden amerikanischen Truppen aufhalten. Einer von ihnen erkennt die aussichtlose Situation, will den Wahnsinn nicht mehr mitmachen und läuft von seinen Kameraden weg. Zuflucht sucht er im nahen „Hofacker-Haus“, wo Angela Schlabschi mit ihren Eltern lebt. Ihre vier Brüder sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht vom Krieg heimgekehrt. Weil es in der Nacht noch einmal geschneit hat ist der Flüchtende wegen der Fußspuren schnell gefunden. An das Datum erinnert sich die Zeitzeugin genau, weil ihr Vater den späten Schneefall Anfang Mai wegen der Folgen für die Landwirtschaft erwähnt hat. Die Gruppe der Werwölfe mit einem etwa 20 jährigen fanatischen Anführer kam in die Wohnstube und schlug fürchterlich auf den hilflosen Burschen ein. Dieses Martyrium mussten Angela und ihre Eltern in eine Ecke gedrängt mit ansehen. Am Boden liegend mit herunter gerissenen Kleidern wurde der hilflose junge Mann vor das Haus gezerrt und dort weiter geschlagen. Vermutlich bewusstlos schleppten ihn seine Peiniger in den Wald Richtung Staffelberg und kurz darauf hörte man in der Stube einen Schuß mit dem der junge Soldat getötet wurde. Die Werwölfe verscharrten die Leiche notdürftig im Wald. Später entdeckte der Vater von Angela Schlabschi frei liegende Körperteile und begrub das Opfer unter einer großen Buche am Berghang. An diese Stelle kann sich die Erzählerin noch genau erinnern. Es war nicht die Stelle, wo jetzt das Kreuz steht. Für die Eltern von Angela war das Ereignis um so grauenvoller, weil sie dabei an ihre Söhne denken mussten und Angst hatten, dass sie ein ähnliches Schicksal erleiden könnten. Drei Söhne kehrten später aus der Gefangenschaft zurück, einer war gefallen.
Drei Tage nach dem schrecklichen Ereignis kamen amerikanische Soldaten ins Haus und wollten den Vater wegen der vermuteten Unterbringung von Widerständlern mitnehmen und erschießen. Ein französischer Kriegsgefangener im Nachbarhaus hatte genügend  Sprachkenntnisse um die Geschehnisse darzustellen und damit den Vater zu entlasten. Die Amerikaner haben dann die ganze Gegend durchkämmt und nach flüchtenden Landsern und Verstecken von Werwölfen zu suchen die sich zahlreich in den Wäldern versteckt hatten.

Wer war der Tote am Staffelberg ? Angela Schlabschi sieht den etwa 20 jährigen Burschen noch vor ihren Augen und würde ihn sofort erkennen wenn er durch die Tür käme. Auf einem Schild am Kreuz stand der Name Guido Heusinger. Jetzt weiß man, dass der Tote unbekannt ist. Der Vater von Guido Heusinger hatte von der Tragödie am Staffelberg in der Zeitung gelesen und vermutet, dass es sich um seinen Sohn handeln könnte. Allerdings gab es dafür keine eindeutigen Beweise, sondern nur unterschiedliche und widersprüchliche Darstellungen aus der Bevölkerung. Der Bruder des Toten, Dr. Reinhold Heusinger aus dem fränkischen Stadtlauringen und Konrektor Hans Simmerl haben unabhängig voneinander Nachforschungen angestellt. Seit dem Jahr 2005 liegen die Dokumente vom Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes und der Dienststelle für die Benachrichtigung der Angehörigen von Gefallenen in Berlin vor. Von beiden Stellen und von einem ehemaligen Kriegskameraden wird bestätigt, dass Guido Heusinger am 15.November 1945 in russischer Kriegsgefangenschaft im Gebiet von Saporoshje gestorben ist. Der Tote vom Staffelberg wurde 1953 in den Friedhof Hauzenberg und später in den Soldatenfriedhof Hofkirchen bei Vilshofen umgebettet. Am Kreuz auf dem Staffelberg ist jetzt ein Schild angebracht mit der Aufschrift : 

Die Erinnerung ist eine Pflicht gegenüber den Toten
Unbekannter deutscher Soldat
+  1. Mai 1945

Bild 1 : Im Weiler Guppenberg am Hand des Staffelberges wurde der junge Soldat umgebracht.
Bild 2: Ein Kreuz am Berggipfel erinnert an den unbekannten Toten
Bild 3: Angela Schlabschi erinnert sich noch an die grauenvolle Tat
Fotos: Donaubauer